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ÜBER DIE REISE

Trennlinie

»Man müsste was machen.«

»Ja, was Extremes.«

»Vielleicht mit Fahrrädern?«

»Richtung Ural?«

»Oder zum Baikal?«

»Warum nicht gleich um die Welt?«

»Ja, warum nicht? Und schnell soll es sein.«

»Schneller als jeder zuvor.«

Die da gemeinsam vor einem Neubaublock in Rostock-Evershagen tagträumen, sind Markus Möller und Ronald Prokein, bei ehemaligen Mitschülern als sportliche Tiefflieger bekannt und einst mit Spott und Häme bedacht: Dürr wie ein Suppenkaspar der eine. Der andere dick wie eine Schildkröte, und seine Brille unterstrich dies noch.

Nun treiben sie Sport, haben die Optik aufgehübscht. Im Geiste aber ist etwas haften geblieben, das sich mit Joggen und Hantelheben nicht überwinden lässt.

Ihr Traum soll Wirklichkeit werden. Also borgen sich die zwei Außenseiter Fahrräder, trainieren damit, rauschen den Radweg an der Stadtautobahn auf und ab. 50 Kilometer jeden Tag.

Sie suchen sich Sponsoren, kreuzen dreckbesudelt vom Training bei Firmenchefs auf und erzählen von ihrer Idee: Einmal um die Welt auf Fahrrädern.

Und auf einmal ist es Mai, und sie stehen vor dem Rostocker Rathaus, verabschieden sich von Freunden und Verwandten, Vater und Mutter und brechen auf. Zu einer Reise, die ihnen niemand zutraut. Verständlich. Sind sie doch blutige Fahrradamateure, die sich das Reparieren der Bikes unterwegs aneignen wollen. Wetten werden abgeschlossen, vor allem auf ihr Scheitern.

Sie selbst sagen sich: Wenn die Technik durchhält, halten auch wir durch.

Geplagt von Fieber, Mücken und Schmerzen durchqueren sie Europa und Asien auf Stein-, Schlamm, Sand- und Asphaltpisten. Sie erreichen Moskau, den Ural, den Baikal, erleben die Herzlichkeit sibirischer Dörfler und mongolischer Nomaden, leiden Durst in der Gobi-Wüste, schlafen im Straßenstaub Chinas, in den Nebelschwaden der Rocky Mountains, in US-amerikanischen Armenhäusern, Feuerwehrstationen und Luxusherbergen.

Je weiter sie kommen, desto deutlicher werden ihre Erinnerungen an: qualvolle Turnstunden, Schmähgesänge in den Hofpausen, ernüchternde Versuche in Sachen Liebe. Auf einmal geht es um genau dies. Vermengt mit der Sehnsucht zweier junger Burschen, nach der Wende in kurzer Zeit möglichst viel von der Welt zu sehen, fahren sie den Schatten ihrer Kindheit davon.

Nach 161 Tagen und 18.000 Kilometern schließt sich der Kreis um die Erde. Markus Möller und Ronald Prokein kehren dorthin zurück, von wo aus sie starteten und stellen mit ihrer Reise einen Guinness-Buch-Rekord für die schnellste Weltumrundung aus eigener Kraft auf.

Vor allem: Sie kamen ein Stück weit in sich selbst an. Und möglicherweise ist das der längste Weg überhaupt.